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Es sollen nun einige zusammenfassende Überlegungen zu den Unterschieden der vorgestellten Aussteifungssysteme und den daraus resultierenden Vor- und Nachteilen angestellt werden.
Rahmentragwerke sind wesentlich weicher als Scheiben-, Kern- oder Fachwerksysteme. Es stellen sich immer wesentlich größere seitliche Verschiebungen unter Horizontallasten ein, als dies bei anderen Aussteifungselementen der Fall wäre. Zur Stabilisierung höherer Gebäude gegen Windlasten sind Rahmen alleine daher ungeeignet. Aus eben dieser geringen Steifheit des Systems resultiert aber auch ein Vorteil. Erdbebenbelastungen und unterschiedlich starke Setzungen der Stützenfüße schaden einem weichen Tragwerk wesentlich weniger, da sie durch Verformungen der Bauteile ausgeglichen werden können.
Damit man bei Kernsystemen die volle Biege- und Torsionssteifigkeit ansetzen kann, dürfen die Kernwände nicht zu viele Öffnungen wie Türen oder Fenster aufweisen. Die schubfeste Verbindung der Wände muss gewährleistet bleiben. Durch diese Maßgabe ist die Nutzfläche von Kerninnenräumen nur eingeschränkt zu verwenden (z.B. Aufzugsschächte, Installationsschächte, Archivräume usw.) und nicht mehr als Wohn- oder Gewerbefläche nutzbar. Aussteifungskerne sollten zudem möglichst zentrisch im Gebäude angeordnet werden, da sonst die Drehmomente aus der Exzentrizität der resultierenden Windlasten um die senkrechte Achse sehr groß und vom Kern alleine nicht mehr aufgenommen werden können.
Scheiben- und Fachwerksysteme haben den Nachteil, dass Wände bzw. Verbände die Nutzung des Gebäudes beeinträchtigen können. Der Nutzer ist in der Einteilung des Grundrisses nicht völlig frei. Er muss sich an den Aussteifungselementen orientieren. Gerade wenn man große freie Räume benötigt (Hallen), sind Rahmensysteme daher von großer Bedeutung.
Betrachtet man den Herstellungsaufwand, so sind Rahmensysteme eher nachteilig. In Stahlbetonbauweise müssen hohe Bewehrungsmengen in den Rahmenecken konzentriert werden, um die Momente umleiten zu können. Bei Stahlbaurahmen müssen aufwändige Anschlüsse realisiert werden, die die Biegesteifigkeit der Ecke gewährleisten.
Da alle Systeme ihre Vor- und Nachteile aufweisen, werden sie in der Praxis oft kombiniert. Auf der vorherigen Seite wurde bereits die Kombination von Fachwerk- und Rahmenelementen im Hallenbau vorgestellt. Auch bei Hochhäusern hat es sich als sinnvoll erwiesen Aussteifungssysteme gemeinsam zu verwenden. So kann z.B. ein im Zentrum des Gebäude liegender Kern durch ein hinter der Fassade liegendes Rahmensystem bei der Abtragung horizontaler Lasten unterstützt werden.
Für jedes Gebäude muss individuell entschieden werden, welches Aussteifungs-system das Richtige ist. Man sollte dabei auf aussteifungstechnische, wirtschaftliche und ästhetische Aspekte achten. Ein direkter Vergleich der Systeme (z.B. in tabellarischer Form) soll auf Grund der unterschiedlichen Anwendungsbereiche der Systeme nicht geführt werden.
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