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Aussteifung von Tragwerken: Problemstellung

Gebäude müssen so konstruiert sein, dass sie den Einwirkungen standhalten, denen sie ausgesetzt sind. Tragwerke können in vertikaler Richtung z.B. durch das Eigengewicht der Konstruktion, Verkehr oder Schnee belastet sein. Horizontale Lasten sind z.B. Windlasten, Lasten aus Imperfektionen und in gefährdeten Gebieten Erdbebenlasten. Während die vertikalen Lasten meist relativ einfach als Druckkräfte in die Fundamente geleitet werden können, ist es oft schwieriger die horizontalen Kräfte, die im Prinzip das Bauwerk "umkippen" wollen, ins Fundament zu führen und dort zu verankern. Die Konstruktionen, die notwendig sind, um zu große Verformungen des Bauwerks unter horizontalen Lasten zu verhindern, nennt man Aussteifungen.

Zusätzliche Informationen über die Lastannahmen von horizontalen Einwirkungen gibt es hier: Horizontale Einwirkungen

Das Problem der Horizontalaussteifung soll zunächst an einem zweidimensionalen Beispiel erläutert werden. Zwei Pendelstützen sind durch einen Riegel verbunden. Auf den Riegel wirkt eine vertikale Streckenlast, die aus Eigengewicht resultiert und von links greift eine horizontale Windlast an.

Das erste Bild soll den vertikalen Lastabtrag veranschaulichen, es wird nur g betrachtet. Die grünen Pfeile entlang des Systems sollen zeigen, wie sich die Querkraft entlang des Riegels aufbaut und dann am Gelenk als Drucknormalkraft in die Stütze geleitet wird. Am Stützenfuß müssen nur die Druckkräfte A aufgenommen werden.

Versucht man den horizontalen Lastabtrag nachzuvollziehen, so stellt man fest, dass es an diesem System nicht möglich ist die Kraft W ins Fundament zu leiten. Das System ist beweglich und kann der horizontalen Last keinen Widerstand entgegensetzen. Es kippt um wie ein Kartenhaus (rechtes Bild) und muss aus diesem Grund ausgesteift werden. Das Tragwerk hat in diesem Fall einen Freiheitsgrad, es kann in der Ebene verschoben werden (Translation).

Auch ein dreidimensionales Bauwerk kann ohne Aussteifung keine horizontalen Lasten abtragen. An einem einfachen Beispiel soll untersucht werden, welche Freiheitsgrade auftreten.

Eine starre Scheibe wird an jeder Ecke auf einer Pendelstütze aufgelagert. Die vertikalen Lasten sollen jetzt nicht mehr explizit betrachtet werden. Sie werden analog zum vorhergehenden Beispiel über Druckkräfte durch die Stützen in die Fundamente abgetragen. Das Bauwerk kann aus jeder Richtung durch Wind horizontal belastet werden. Die Windkräfte werden wieder zu Windkraftresultierenden zusammengefasst.

Dieses Tragwerk hat drei Freiheitsgrade. Es kann in x-Richtung oder in y Richtung verschoben werden und es kann um die senkrechte Achse verdreht werden. Wir wollen diese Bewegungsmöglichkeiten des Systems genauer betrachten.

  1. Translation in x-Richtung: (Wind weht in x-Richtung)
  2. Translation in y-Richtung: (Wind weht in y-Richtung)
  3. Rotation um die senkrechte Achse: Es kann vorkommen, dass die Windkraftresultierende nicht in der Mitte der Scheibe angreift. In diesem Fall wirkt sowohl eine Kraft in die betreffende Richtung, als auch ein Moment um die senkrechte Achse. Hier soll nur die Verdrehung aus dem Moment betrachtet werden.

Um dieses System gebrauchstauglich zu machen, müssen alle drei Freiheitsgrade behindert werden, sonst kann es die horizontalen Lasten nicht aufnehmen.

Weder das zwei- noch das dreidimensionale Beispiel stellen ohne Aussteifung ein tragfähiges System dar. Im weiteren Verlauf dieser Einheit soll gezeigt werden, welche konstruktiven Möglichkeiten der Gebäudeaussteifung es gibt und wie sie angewendet werden.

Merke!
  • Jedes Bauwerk muss ausreichend für die Abtragung horizontaler Lasten ausgesteift sein.
  • Ein System muss auf die Anzahl seiner Freiheitsgrade untersucht werden. Ein brauchbares Tragwerk darf sich weder verschieben noch verdrehen lassen.

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